HARZ-BROT eG; Gemeinschaftlich unterstützte Bäckerei im Raum Goslar gegründet!

Mehr als ein Jahr haben engagierte Menschen, unter Federführung der Projektleiterin der Ökomodellregion Landkreis Goslar, Antje Radcke, an einem Plan zur Gründung einer Handwerksbäckerei gearbeitet. Am 15. Juni 2022 war es dann soweit. Der Genossenschaftsvertrag der HARZ-BROT eG wurde unterzeichnet, ein fünfköpfiger Aufsichtsrat gewählt sowie zwei Vorstände berufen. Der Plan geht weit über die Gründung einer Bio-Bäckerei hinaus. Entstehen soll keine Bäckerei bei der die Kund*innen vor einer unsichtbaren Trennwand - dem Verkaufstresen - stehen und ein „Produkt“ erwerben, dessen Entstehungsprozess im Verborgenen liegt.


Bei der HARZ-BROT eG geht um ein gänzlich anderes Konzept der Erzeugung, Herstellung und der Verteilung von Brot und Gebäck. Die übliche Trennungslinie zwischen Bäcker*innen und Kund*innen wird verwischt. Die Genossenschaftsmitglieder sollen und wollen sich als sogenannte Ko-Produzent*innen an dem gemeinschaftlich unterstützten Handwerksbetrieb zur Herstellung von Lebensmitteln beteiligen.

Die von der Slow-Food-Bewegung geprägt Bezeichnung „Ko-Produzent*in“ macht deutlich, was hinter der HARZ-BROT Genossenschaft steckt. Der gesamte Prozess, von der Aussaat des Getreides, über die Vermahlung bis zum fertigen Brot, soll im Blick und Einflussbereich der Genoss*innen liegen.

Die Idee, eine gemeinschaftlich getragene Bäckerei zu gründen, knüpft an das Konzept der "solidarischen Landwirtschaft" (engl. Community Supported Agriculture) an. Auch dabei schließen sich Verbraucher und Landwirte zu lokalen Versorgungsgemeinschaften zusammen. Verantwortung und Glücksmomente, Herausforderungen und Erfolge werden geteilt.

Wertschätzungskette mit kurzen Wegen

Inzwischen haben rund 250 Haushalte der Region Goslar schriftlich die Unterzeichnung des Genossenschaftsvertrages zugesagt. Mit ihren Genossenschaftsanteilen in Höhe von insgesamt rund 180.000 € sind sie bereit, die HARZ-BROT eG gemeinsam auf den Weg zu bringen. Ihr Zins  bzw. ihre Ernte sind: die sichere Versorgung mit guten, handwerklich-nachhaltig hergestellten Broten und Backwaren sowie zahlreiche Leistungen für das Gemeinwohl in der Region.

Die Gründungsfeier bei strahlendem Sonnenschein, inmitten von grünen Wiesen auf dem Gelände der Bäckerei Braun in Langelsheim konnte nicht schöner sein. Bäckermeister Tobias Rinn, seit dem 15. Juni zusammen mit der Industriekauffrau Claudia Mehl Vorstand der Genossenschaftsbäckerei, versorgte die Genoss*innen bei dem Fest mit den ersten geschmackvollen Broten aus Getreide von ökologisch wirtschaftenden Betrieben aus der Region. Das Mehl aus dem Bio-Getreide, das zukünftig in der Genossenschaftsbäckerei verarbeitet wird, mahlt die Getreidemühle Sack in Langelsheim.

„Was hier entsteht ist eine verlässliche Wertschätzungskette auf wirklich kurzen Wegen. Wir haben großes Glück, dass es bei uns in der Region eine Müllerin mit einer Mühle gibt und sich ein junger, motivierter Bäckermeister auf die neuen Aufgaben beim Aufbau der HARZ-BROT eG freut“, erklärte Antje Radcke am Rand der Veranstaltung.

Um in Zeiten des Klimawandels und knapper werdender Rohstoffe, Ressourcen sparend zu wirtschaften, geht die Bäckerei im Herbst mit einem neuen Umsetzungskonzept an den Start. Gebacken wird, zeitlich getrennt in einer bestehenden Bäckerei in einer zweiten Schicht am Tage. Das heißt, die Öfen werden warm übergeben und die Maschinen doppelt genutzt. Getrennt wird selbstverständlich der gesamte Warenfluss.

Aus welchen ökologisch angebauten Getreidearten, Sorten und Qualitäten bei der HARZ-BROT eG in den kommenden Jahren Brot und Gebäck gebacken wird, wollen die Bauern und Bäuerinnen, die Müllerin, der Bäcker und die Vertreter*innen der Genossenschaftsmitglieder gemeinsam bestimmen. Noch ist dieser partizipative Prozess Zukunftsmusik. Die Entwicklung von Kriterien soll Schritt für Schritt durch die Vermittlung von notwendigem Hintergrundwissen innerhalb des Netzwerkes möglich gemacht werden.

Grundlegend zum Konzept einer „Community Supported Bakery“ gehört, dass keine Lebensmittel verschwendet werden. Deshalb wird ein Bestell- und Verteilsystem angestrebt, bei dem am Abend kein Brot im Regal liegen bleibt. Bis zum Herbst wollen die Initiatorinnen ein System mit Abholstationen entwickeln, dass die Versorgung der umliegenden Gemeinden mit Broten und Kleingebäcken der HARZ-BROT Bio-Bäckerei ermöglicht.

„Wenn die Gemeinschaft es schafft, dass die Abholstationen lebendige Treffpunkte für die Genoss*innen und weitere Brot-Esser*innen werden, dann erfüllt dieses System unseren Wunsch. Das Projekt HARZ-BROT soll zu einem Motor für die Entwicklung des ländlichen Raumes, für regionale Ernährungssicherung und faire, nachhaltige Wertschöpfungsketten werden“, so Peter Plaumann vom der Atelier Ernährungswende gUG, der gemeinsam mit Anke Kähler (Vorstand Die Freien Bäcker e.V.) und Antje Radcke das Konzept für die Genossenschaft entwickelt hat. Die Bäckerei wird Mitglied des Die Freien Bäcker e.V. und arbeitet zukünftig nach den Regeln für die handwerkliche Herstellung des Berufsverbandes.

Die HARZ-BROT eG ist die erste von vielen Menschen gemeinschaftlich getragene Genossenschaftsbäckerei im ländlichen Raum in Deutschland! Wir gratulieren!

 

Gender-Hinweis

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Text an einigen Stellen auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.