Handwerksbäckereien treiben Innovationen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels voran

Zwölf Handwerksbetriebe, die als Praxispartner an dem Forschungsprojekt unter dem Titel BAKWERT beteiligt sind, starten am 27. Februar erneut eine Kampagne, bei der sie Brote aus Weizen herstellen und vermarkten, der sich durch besondere Eigenschaften auszeichnet. Ziel der Kampagne ist, wie schon im Februar/März 2022, die Förderung der Erzeugung, Verarbeitung sowie des Konsums von heterogenen Weizenpopulationen.


Die Pflanzen einer Weizenpopulation sind – wie die Mitglieder einer großen Familie – unterschiedlich, also heterogen. Hingegen gleicht bei den sonst im Anbau üblichen Weizensorten, jede einzelne Pflanze in ihrer Genetik, ihrem Aussehen und ihren Eigenschaften, exakt der anderen. Pflanzen einer Sorte sind homogen.

Backen für mehr Vielfalt vom Acker bis zur Ladentheke! 

Aus der genetischen Unterschiedlichkeit der einzelnen Pflanzen einer Population entsteht Vielfalt auf dem Acker - und somit auch im Brotregal. Diese Vielfalt auf dem Acker verringert, etwa bei extremen Wetterereignissen, die als Folge des Klimawandels immer häufiger auftreten, das Risiko von Ernteausfällen. Dürre, Hitze, Krankheiten, Schädlinge – die Liste der Herausforderungen beim Anbau von Getreide ist bereits lang. Sie wird, so lässt sich vermuten, mit zunehmender Unberechenbarkeit durch den Klimawandel länger. 

Heterogene Populationen werden ohne die Anwendung neuer Verfahren der Gentechnik entwickelt. Sie sind eine innovative Antwort ökologischer Pflanzenzüchter*innen in Bezug auf Produktionsrisiken auf dem Acker. Mit ihren besonderen Eigenschaften stellen sie quasi eine Art Risikoversicherung gegen Ernteausfälle und Qualitätsschwankungen dar. Untersuchungen zeigen, dass der Populationsweizen im Ökolandbau vergleichbare Erträge wie gängige Liniensorten erzielt – mit zusätzlich höherer Sicherheit. Zugleich entsprechen die verfügbaren Weizenpopulationen den heutigen Anforderungen an den Klimaschutz, da sie stickstoffeffizient sind. Das bedeutet, dass sie mit weniger verfügbarem Stickstoff im Boden Proteinwerte und - für Bäcker und Bäckerinnen entscheidender - Proteinqualitäten aufweisen, die gute Prozess- und Gebäckeigenschaften mit sich bringen.

Die zwölf Handwerksbäckereien sind in diesem Jahr Partnerbetriebe des BAKWERT Forschungsprojektes. Dies wird gefördert durch Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) und durchgeführt von der Universität Kassel zusammen mit dem Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg, am Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau Baden-Württemberg (KÖLBW) sowie dem Berufsverband Die Freien Bäcker e.V.

Die Erfahrungen mit dem regionalen Anbau und der Verarbeitung von Populationsweizen sind in einen rund zwanzigminütigen Dokumentationsfilm eingeflossen, der nun im März veröffentlicht wird.

Zu einem ungewöhnlichen Veranstaltungsformat laden die beteiligten Bäckereien im Rahmen der Kampagne am 17. März ihre Kunden und Kundinnen ein. In einer gemeinsamen Online-Veranstaltung wird der Film zu sehen sein, die Brote der einzelnen Bäckereien aus heterogenen Populationen werden verkostet und anschließend stehen Züchter*innen, Bauern, Müller*innen und Bäcker für Fragen rund um das Thema zur Verfügung.

Weitere Informationen unter www.weizenvielfalt.de oder www.pop-kruste.de

Zusätzliche Information:

Der Anbau von sogenanntem ökologisch heterogenem Material (ÖHM) wie dem Populationsweizen ist seit Januar 2022 im Rahmen der neuen EU-Öko-Verordnung zugelassen. Davor war der Anbau von ÖHM nur zu Forschungszwecken und nur für einige Getreidearten möglich.

Die beteiligten Bäckereien:

 

Kontakt:

Dr. Torsten Siegmeier (Projektleitung)

Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften

Universität Kassel

Steinstraße 19, 37213 Witzenhausen, Germany

fon. +49(0)5542 981327 | fax. +49(0)5542-981333

bakwert@uni-kassel.de