Brotbacken aus Leidenschaft und Berufung - Neugründungen von Bäckereien wandeln das Backhandwerk

Leidenschaft und Fürsorge treibt immer mehr junge Berufseinsteiger*innen und Menschen als Quereinsteiger*innen aus anderen Lebensläufen an, sich der handwerklichen Herstellung von Brot und Backwaren zu verschreiben. Sie tragen in großen Teilen dazu bei, dass das Backhandwerk Schritt für Schritt die Wege verlässt, die viele Betriebe und Bäcker*innen über Jahre hinweg in die Irre geführt haben.


Bäckermeister Nick Heinke in seiner Neuen Backstube

So viel Freude macht Nick Heinke Qualität. Denn wer so ehrlich hinter seinem Produkt und seinem Handwerk stehen kann, hat auch Grund zu guter Laune.

Wohin führte der Wandlungsprozess bisher? 

Dass Krisen und veränderte Rahmenbedingungen zu Wandlungsprozessen führen, gilt auch das Lebensmittelhandwerk. Seit Jahrzehnten hat sich vieles, oft zum Negativen, geändert:  

  • die Struktur des Backwarenmarktes – zugunsten der Industrie, der Backshops in der steigenden Anzahl an LEH-Filialen oder großer Filialbetriebe; 
  • die Herstellungsweise – bei der es lange darum ging, Prozesse zeitlich zu verkürzen sowie einfacher und vermeintlich „billiger“ zu produzieren; 
  • die Produktpalette – die immer größer werden sollte, oft zu Lasten der Qualität der einzelnen Produkte; 
  • die Kompetenz der Fachkräfte in den Backstuben – die mit dem Einsatz von Convenience Produkten und zahllosen Zusatz- und Verarbeitungshilfsstoffe  im negativen Zusammenhang steht; 
  • der Beginn der Arbeitszeiten – um bereits morgens in der Früh ein breites Sortiment frisch gebackener Brote, Kleingebäcke und Feiner Backwaren verfügbar zu machen; 
  • der Bürokratismus – d.h. die Herrschaft der Verwaltung mit zahllosen Regulierungen, welche Vorschriften und Kontrolle über die Verantwortlichkeit von Menschen stellt und so das Handwerk, nicht risikoangepasst, überproportional belastet;  
  • die Anzahl der Betriebe – die inzwischen bundesweit auf unter 10.000 Betriebe gesunken ist. 

Darüber hinaus hat sich Grundlegendes geändert. Das bestehende Ernährungssystem hat zum Herauslösen von Lebensmitteln aus „kulturellen, sozialen, regionalen und ökologischen Bindungen und Kontexten“ geführt. Nicht zuletzt begründet diese Entwicklung auch die weiterwachsende Produktion und den Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel, sogenannter UPS (Ultra-Processed Foods). Sie werden als ungesund eingestuft und führen zu hohen gesellschaftlichen Kosten, sind aber durch billige Zutaten hoch profitabel - für wenige.2

Dass es anderes geht, wird immer öfter bewiesen! Aktuell durch die Eröffnung einer neuen Bäckerei durch Nick Heinke. 

Ganz anders ist die authentisch handwerkliche Herstellung von Brot und Gebäck verfasst. Sie basiert auf langfristigen Beziehungen in zumeist regionalen Wertschöpfungsketten. Rohstoffe wie Getreide, Saaten und mehr werden von Bäuerinnen und Bauern aus der Region und/oder von Erzeuger*innen geliefert, mit denen soziale Kontakte bestehen. Ganz entscheidend ist die Qualität handwerklich hergestellter Brote. Sie ist – entgegen der industriellen Produktion – nicht das Resultat von Standardisierung, sondern das Resultat der Fähigkeit, der Diversität regional und nachhaltig erzeugter Rohstoffe mit handwerklichem Know-how zu begegnen.  

Die Qualität handwerklich hergestellter Brote ist das Ergebnis vielgestaltiger Fürsorge und Leidenschaft beteiligter Individuen 

Leidenschaft und Fürsorge treibt immer mehr junge Berufseinsteiger*innen und Menschen als Quereinsteiger*innen aus anderen Lebensläufen an, sich der handwerklichen Herstellung von Brot und Backwaren zu verschreiben. Sie tragen in großen Teilen dazu bei, dass das Backhandwerk Schritt für Schritt die Wege verlässt, die viele Betriebe und Bäcker*innen über Jahre hinweg in die Irre geführt haben.  

Einer von ihnen ist Nick Heinke. Nach dem Studium hat er sein Hobby zum Beruf gemacht und ist heute, wie er selbst sagt, stolzer Bäckermeister. Was ihn antreibt beschreibt Nick so: „Die faszinierende Komplexität des Backens, das Zusammenspiel von Zutaten und mikrobiellen Prozessen und die Kunst, aus einfachen Rohstoffen etwas Außergewöhnliches zu schaffen, sind für mich von besonderer Bedeutung.“ 

Nick Heinke gehört seit Gründung des Jungen Netzwerks des Die Freien Bäcker e.V. zum informellen Verbund der Freien Bäcker*innen. Mit der Eröffnung seiner Bäckerei Die Brotbackstube www.die-brotbackstube.de bereichert er nun als aktives Mitglied die Gemeinschaft des Berufsverbandes.  

Mit der Gründung seiner Bäckerei erfüllt sich Nick einen Lebenstraum. Die Backstube befindet sich im Ortskern von Schröck, einem Ortsteil der Stadt Marburg. Über Generationen hinweg wurde in der Backstube, die Nick Heinke neu eingerichtet hat, gebacken. Nun backt er mit individuellen Rezepturen dort einzigartige Brote für die Menschen vor Ort und in Marburg. 

Wir, die Mitglieder des Die Freien Bäcker e.V. , gratulieren Nick ganz herzlich zu Eröffnung seiner Bäckerei! Wir wünschen ihm alles Gute und hoffen, dass seine Leidenschaft für Handwerkskunst und Nachhaltigkeit, weitere Menschen motiviert, ihren Weg ins Lebensmittelhandwerk zu finden. 

__________________________________________________________________________________

Barlösius, E. (2016). Soziologie des Essens: eine sozial- und kulturwissenschaftliche Einführung in die Ernährungsforschung (3., durchgesehene Auflage). Juventa.

2https://www.dge.de/blog/2022/hochverarbeitete-lebensmittel/ - Juni 2023